Auf dem Weg in neue Höhen
Die Heinz-Bosl-Stiftung mit ihren Herbstmatinéen im Nationaltheater
Beinahe rechtzeitig zum 70. Todestag der mexikanischen Malerin Frida Kahlo widmet die Limonada Enrique Gasa Valga Dance Company im Deutschen Theater der Künstlerin, Kämpferin für Freiheit und Gleichberechtigung ein aufwühlendes, farbenprächtiges wie kontrastreiches Porträt. Das Leben Frida Kahlos, das geprägt war von Todesnähe und Lebensfreude, von Melancholie und Kampfgeist, auch von Affären bringt Enrique Gasa Valga mit seinem wandlungsfähigen und hochkarätigen Tanzensemble so hautnah auf die Bühne, dass man beinahe eins mit der Person Frida Kahlo wird.
Das breite Spektrum der Tanzsprache, das von klassisch über zeitgenössisch mit ausladenden Gesten bis hin zu Charleston und Stepptanz reicht, ist die anspruchsvolle Klaviatur, auf der das herausragende Tanzensemble ‚spielt‘ und eindringlich den Charakter und die Lebensstationen Frida Kahlos aufzeigt. Schon früh steht das Leben der Malerin am Abgrund des Todes. Die Kinderlähmung im Alter von sechs Jahren und der beinahe tödliche Straßenbahnunfall mit 18 Jahren sind nur zwei Beispiele für die zahlreichen Schicksalsschläge, denen sie sich nie widerstandslos fügte, sondern ihnen vehement aufbegehrte. Besonders hervorzuheben an Kahlos Lebensstationen ist das enge und vertraute Verhältnis Fridas zu ihrem Vater Wilhelm, den sie als Künstler, als Fotografen aber auch als Mensch bewunderte. Schwungvoll, voller Energie und munter präsentiert sich bei Valga das pulsierende Nachtleben in Paris oder New York mit dem Klassiker „Puttin on the Riz“ als unbeschwerte Stepptanznummer, bevor sich erneut ein traumatisierender Schicksalsschlag ereignet.
Die getanzte Biografie, die sich in ineinandergreifenden Kapiteln wie ein Buch erschließt, lebt insbesondere von der effektvollen Verwendung von Farben. Vor allem die Farbe Rot dominiert, lässt in ihren verschiedenen Schattierungen an Kahlos „Melonen“-Gemälde erinnern und wirft einen ironischen Unterton auf, wenn sie ihren letzten Gruß, „Viva la Vida“ in blutroter Farbe schreibt. Hinzu kommt das präzise Zusammenspiel von Tanz und Musik, insbesondere mit dem unter die Haut gehenden Gesang von Greta Marcolongo.
Insgesamt ist die Aufführung Ergebnis einer klugen Regie und Dramaturgie mit ihrem abgestimmten Einsatz von Effekten, Requisiten wie Fotografien von Tagebucheinträgen, Familienfotos und Gemälden oder auch Geräuschen wie der Aufprall der Straßenbahn und das Zerbersten von Scheiben. Immer wieder gibt es Anspielungen an das Selbstporträt „Die zwei Fridas“ (1939), das auch Inspirationsquelle für Gasa Valgas Produktion war. Die beiden Fridas – vor und nach dem schweren Busunfall – stehen für ihre innerliche Zerrissenheit, mal spiegelbildlich, mal harmonisch und stets voller Symbole und Anspielungen an Frida Kahlos Lebensstationen.
Der mitreißende Abend mit erstklassigen Solist*innen, Ensembetänzer*innen und Musiker*innen wird vom Publikum im Deutschen Theater mit Standing Ovations gefeiert. Unbestritten: Das Werk lebt weiter und damit Frida Kahlo – „Viva la Vida“.
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