Lucia Lacarra zurück in München

Begeisterung bei der Ballettfestwoche

Lucia Lacarra kommt mit „Lost Letters“ nach München

Ein Glücksmoment war die kurzzeitige Rückkehr Lucia Lacarras, der langjährigen Favoritin der meisten Münchner Tanzliebhaber, zum Gastspiel innerhalb der Ballettfestwoche.

München, 14/04/2025

Ballettdirektor Igor Selensky hatte sie bereits bei seinem Amtsantritt mit seiner Art vertrieben, sein Nachfolger Laurent Hilaire aber hat sie dankenswerterweise zum Gastspiel der Ballettfestwoche 2025 eingeladen. Lucia Lacarra war nach 14 unvergesslichen Spielzeiten unter Ivan Liska neun Jahre lang nicht im Münchner Nationaltheater. „Dieser ganze Tag war für mich wie ein Traum“, sagte sie glücklich nach der Vorstellung. Mit Matthew Golding, ihrem Lebenspartner, einem profilierten Tänzer, der wie sie oft international gastierte, hat sie mittlerweile ihre eigene Compagnie gegründet, das Lucia Lacarra Ballet. Mit je vier Tänzerinnen und Tänzern haben sie kein eigenes Theater, sondern sind ständig on tour. Jetzt zeigten sie mit LOST LETTERS ihr drittes eigenes Stück und feierten die insgesamt 100. Vorstellung – hier im Nationaltheater! Das Publikum dankte mit nicht-enden-wollenden Standing Ovations, die sicher auch den ehemals unzähligen grandiosen Auftritten dieser Ausnahmetänzerin galten.

Basierend auf dem Brief eines englischen Soldaten aus dem 1. Weltkrieg zeigt LOST LETTERS emotionale Stadien einer großen Liebe: Das gemeinsame Glück, die schmerzliche Trennung nach seiner Einberufung, ihr sehnsüchtiges Warten im Kreis anderer Frauen, seine Kameraden, die nacheinander fallen und – davon handelt der letzte Brief – seine Gewissheit, nicht mehr zu ihr zurückkehren zu können. Zu hören sind Aufnahmen mit Orchestermusik von Max Richter und Sergei Rachmaninow. Innovativ ist die Doppelung des Geschehens durch filmische Bilder, deren Projektion in der Größe des ganzen Bühnenhintergrunds den Tanz begleiten. Manchmal eröffnen einfache, manchmal raffinierte Überblendungen den Wechsel der Spielorte zwischen rauen Felsen der baskischen Steilküste und sanft gewellten Wiesen oder einsamen Innenräumen. Der eigentliche Gewinn aber ist folgende Innovation: Der Film lässt die Gefühle vor und nach der Trennung des Paares in natürlichen Bewegungen klar erkennen, und in häufigen Close Ups überzeugt die feine, sonst kaum sichtbare Mimik unübersehbar. Im Tanz sah man, wie diese dynamische Kunst im Zusammenklang mit der Musik eben diese Gefühle sinnlich überhöht.

Die Übereinstimmung zwischen beiden Ebenen sprach für die Ehrlichkeit dieser Gefühle auch im Tanz. Und das war ja schon das Besondere, das Lucia Lacarra in ihrer Zeit am Bayerischen Staatsballett (2002 bis 2016) auszeichnete. Sie spielte und tanzte nicht nur, sondern dank bester Vorbereitung gelangte sie zu der Freiheit, die jeweilige Handlung oder den musikalischen Gehalt in ihrem Tanz selbst zu erleben, was zur Folge hatte, dass ihr persönliches Gefühl für das Geschehen das Publikum noch emotionaler mitnahm. Diese Generosität im Tanz auf der Grundlage von Intelligenz und Humanität hat sie noch immer, und das war wunderbar zu sehen. Im Zusammenwirken mit der souveränen Darstellung von Matthew Golding, der auch für die Choreografie zeichnete und die übrigen soliden Tänzer*innen sinnvoll einsetzte, gelang mit LOST LETTERS ein Plädoyer nicht nur für Frieden, sondern Liebe. Hoffen wir auf eine baldige Einladung des Lucia Lacarra Ballet mit seinem neuen Stück, das schon in Planung ist!

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