Zukunfts-Gestalter
Vertragsverlängerungen bei der Bayerischen Staatsoper und beim Bayerischen Staatsballett
Vielfältige Einblicke und vielversprechende Ausblicke im Streaming beim Bayerischen Staatsballett
Der 2. November 2022 ist alles andere als ein neblig trüber Tag. Das liegt nicht nur an den Sonnenstrahlen, die den Bühneneingang des Nationaltheaters in goldenes Licht tauchten. Zugegeben: Ein wenig übertrieben, vielleicht auch kitschig ist diese romantisierende Sichtweise schon. Aber was gibt es Schöneres, als den „World Ballet Day“ inzwischen zum 8. Mal zu feiern? Das Publikum erlebt in diesen zweieinhalb Stunden nicht nur ein einstündiges Training, sondern bekommt darüber hinaus Einblicke in den Berufsalltag der Tänzer*innen, der von Proben- und Besetzungsplänen über das tägliche Training bis hin zu Proben für eine neue Kreation reicht. Im Ballettsaal begrüßen uns Lauretta Summerscales und Raffael Vedra, die das Publikum charmant und informativ durch den Balletttag führen und selbst am Training teilnehmen. Sie sind es auch, die mit dem neuen Ballettchef Laurent Hilaire über das kommende Programm sprechen, wobei der Fokus auf Alexei Ratmanskys Neuproduktion „Tschaikowski-Ouvertüren“ liegt, dessen Proben gerade begonnen haben.
Inzwischen stößt Choreograf Ratmansky dazu und erklärt, wie sehr er Tschaikowskis Musik schätzt, in ihrer Dramatik und dass er eine besondere Affinität zu Shakespeare-Dramen besitzt. Zur Premiere am 23.12.2022 gelangen Ausschnitte aus den Konzertouvertüren „Der Sturm“, „Romeo und Julia“ sowie „Hamlet“. Aufschlussreich sind Ratmanskys Interpretationen der Dramen, die er aus der Nacherzählung auf eine abstrakte Ebene zu heben weiß. Ratmanskys kurze Einführung spiegelt seine Herangehensweise, die Methodik und wie er die männlichen Tänzer einbindet, die gerade im Livestream, in der Ouvertüre zu „Romeo und Julia“ zu sehen sind.
Ein Lob an die Kameraführung, die den Probenprozess dieses Werkes dem Publikum anschaulich nahebringt. Darüber hinaus gewährt die geschickte Kameraführung und die durchdachte Dramaturgie des zweieinhalbstündigen Streamings Aufschluss über die Arbeit des Bayerischen Staatsballetts. Das beginnt mit dem Aufwärmtraining vor dem eigentlichen Training, dem zu Recht viel Platz eingeräumt wird. Hier wird zum einen die Bedeutung des täglichen Trainings deutlich, zum anderen erschließt sich dem Publikum der Sinn und Zweck der verschiedenen Exercises von der Stange bis in die Mitte. Was dieser Livestream noch zutage fördert, sind die zentrale Rolle des Ballettmeisters (Thomas Mayr) und der Stellenwert der Ballettpianisten (Simon Murray und Dmitry Mayboroda), die weit mehr sind als Diener des Tanzes.
Als Inspiriations- und Motivationsquelle bereichern die Ballettpianisten mit ihrer abwechslungsreichen Musik das Training im Ballettsaal und die Vorstellungen auf der Bühne. Der Wunsch, manche Klaviermusiken bald als iTunes zur Verfügung zu stellen, wird laut. Sichtlich Spaß an nicht konventioneller Trainingsmusik haben auch die Tänzer*innen, wenn sie im Training das relevée nach dem „Popcorn“-Song ausführen dürfen. Schließlich soll der Spaßfaktor nicht zu kurz kommen, findet sinngemäß auch der Ballettmeister Thomas Mayr.
Wie steinig und entbehrungsreich der Weg in den Tanzolymp ist, das ist die eine Seite der Medaille. Dass aber hoffnungsvolle Talente z.B. von der Münchner Ballettakademie direkt in diese Kompanie hineinwachsen können, ist Erfüllung pur und zeichnet die wertvolle Arbeit der Akademie wie die des „Bayerischen Staatsballetts“ aus. Den Mitgliedern des „Bayerischen Staatsballetts“ gebührt reichlich Applaus. Wenn sich das Projekt „World Ballet Day 2023“ im Nationaltheater zusätzlich live vor vollem Haus realisieren lassen könnte und die Tänzer*innen den Beifall auch direkt entgegennehmen könnten, dann wäre dies das berühmte i-Tüpfelchen.
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