„Da steckt (mehr als) eine Frau dahinter“
Publikum feierte in der Regensburger Mälze zwei neue Tanzstücke von Thea Sosani
„Sculpture in Motion“ von Thea Sosani im Historischen Museum Regensburg
Es war ein wenig spektakulär und extravagant – die Tanzperformance „Sculpture in Motion“. Manchmal tauchte sie ab in eine somnambule Stimmung oder schrammte gnadenlos am Kitsch entlang, zum Beispiel wenn Ana Hauck hocherhobenen Hauptes über den Steinfußboden des Kirchenraums schritt und einen Papagei über ihrer feuerroten Perücke, wie eine Monstranz trug. Dann wusste man nicht genau, ob man lauthals loslachen oder sich doch wieder lieber aufs Gesamtbild konzentrieren sollte. Denn das enthielt immer auch etwas Erhabenes, kraftvoll Majestätisches, das die Albernheit des Plüschvogels weit in den Hintergrund rückte.
Mit ihrem neuen Projekt hat die Choreografin Thea Sosani eine aufregende Tanzerkundung geschaffen, die konzeptionell ein wenig an die getanzte Eröffnung der Elbphilharmonie von Sasha Waltz erinnerte. Bei den Sommertanztagen der Alten Mälzerei erlebte sie ihre Premiere im Historischen Museum. Mit den Tänzern des Sosani Tanztheaters, Musikern, Schauspielerin Ana Hauck und Gasttänzerin Natia Bunturi aus Georgien erfuhren die Zuschauer eine Museumsführung der besonderen Art. Ausgehend von der Eingangshalle, wo Ramona Reißaus und Julia Koderer den Treppenaufgang heruntertanzten, lockte Hauck das Publikum durch den imposanten Kreuzgang und Teile des ehemaligen Klosters bis in den Altarraum und schließlich den Hauptraum der unbestuhlten Minoritenkirche. Über die Steinfußböden, zwischen Säulen und steinernen Skulpturen bewegten sich die Tänzerinnen mit ihren steifen, raschelnden Röcken aus transparentem Kunststoff. Sie machen Halt, ein Metronom, Cello (Tina Molle) und eine Bratsche (Martina Spörl) brachten die zwischen Traum, geronnener Geschichte und Ermächtigungsvorstellungen oszillierende Szenerie klanglich in Schwingung. Eine an einer Säule festgekettete Tänzerin (Bunturi) befreite sich mithilfe des Vogels, bevor der kraftvollgeschmeidige Pasha Darouiche die wandernden Menschen in Empfang nahm. Zwischen den Bildern des Kulturpreisträgers Paul Schinner hindurch lockte er sie mit einem hinreißenden Solo über die Stufen hinunter in den weiträumigen Kirchenraum, wo sich nach und nach die anderen Tänzerinnen dazu gesellten.
Zu live gespielten Klängen von Heinz Grobmeier und Helmut C. Kaiser und Musik von Arvo Pärt entfalteten sie hier ein zeremonielles Szenario aus Bewegung, Tanz und Ritualen, die manchmal an Beschwörungen oder religiöse Riten erinnerten. In Soli, Duetten und Gruppentänzen entfaltete sich ein ermutigendes, mitreißendes energetisches Potenzial, das dem riesigen Raum eine ungewohnte Atmosphäre verlieh. „Der Vogel“, erklärte Thea Sosani anschließend in einem Gespräch, stehe für sie „für Weiblichkeit und Selbstermächtigung“. Inspiriert worden sei sie durch eine der historischen Königsfiguren mit einem Vogel. Vielleicht hätte sie statt des plappernden Papageis besser einen Falken, der zur mittelalterlichen Adelswelt passt, oder einen Raben genommen, um sich die nordisch-germanische Sagenwelt in femininer Sicht anzuverwandeln.
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