10 Jahre und kein Ende
Bavaria Ballet Academy feiert im Münchner Prinzregententheater
Europas Ballettnachwuchs beschert der bayerischen Landeshauptstadt eine aufregende „Tanzolymp“-Gala
Seit zehn Jahren gibt es den Wettbewerb Tanzolymp, der das Können von Nachwuchstalenten – auch von privaten Ballettschulen – feiert. Dass Talente sozusagen aus freier Wildbahn die Eintrittskarte unbedingt wert sind, bewies nun die Jubiläumsgala im Prinzregententheater. Initiator Oleg Bessmertni setzte ein durch und durch spannendes Programm auf die Bühne, das völlig andere Geschmäcker als den Münchener vorstellte, und das auch gut zu dem Dornröschenerwachen passt, das die Münchner Ballettakademie derzeit durch die Leitung von Jan Broeckx erlebt.
Faszinierend, was in Europas Tanzschulen so erarbeitet wird. Nicht Jiří Kylián, nicht Hans van Manen und nur ein einziger Petipa war zu sehen. Stattdessen belebten zahlreiche, eigene Choreografien der Schulleiter die Szenerie – was den Zuschauerhorizont um Welten verbreiterte. Beispielsweise setzten die Schüler der Manniegel-Company B&M neue Akzente. Die große, blonde Ada Ramzews und der kleine Shun Wada zeigten einen Klezmer-Pas-de-Deux aus „Lomir tanzn“. So etwas könnte eine große Kompanie schon mal gar nicht präsentieren, ohne eine ganze Judaistik-Fakultät mitarbeiten zu lassen. Im Kleinen regiert da ganz einfach Frische, Begeisterung für die jüdische Kultur und der wunderbare Humor, der dem Klezmer eigen ist. Auch was nicht zusammen passt, tanzt wunderbar zusammen, heißt die Botschaft! Die ungleichen Solisten vermitteln sie mit elegantem Feuer.
Nami Fujita und Benjamin Birkner hingegen tanzen Solos zu Chopin und Jacques Brel – junge Tänzer zu unterfordern, ihnen ständig die großen Kompositionen vorzuenthalten macht ja auch keinen Sinn. Gerade sie müssen lernen, sich hervorzutun. Birkner und Fujita wird das gelingen, keine Frage. Ganz anders Basel: Von hier war das avantgardistische, nachtschöne Duett „Reframed“ von Molly Gardiner und Dayne Florence zu sehen.
Nicht immer war das Gezeigte sinnvoll. In der Militärschmonzette „Let’s talk about Dance“, präsentiert von der Accademia Internazionale Coreutica in Italien, lassen die Choreografinnen Elisabetta Hertel und Valeria Velasquez allen Ernstes eine Mädchenkompanie in roten Majorettenkleidern Formationen marschieren und salutieren. Ganz ohne Ironie. Gastieren die jungen Leute gelegentlich in Nordkorea? Doch vielleicht wurde nur ökonomisch gedacht. In rot-weiß-blauen Dresses wäre das Stück sicher auch in New York ein Renner. Wenn dagegen die drei Jungen der Cinevox Juniorcompany aus Neuhausen in „At the Bus Station“ ein Wartetänzchen hinlegen, ist das gutes, klassisches Revuetheater.
Passend zum Geschichtenreigen („Flames of Paris“, „Coppelia“ oder das „Blumenfest von Genzano“ stand weiter auf dem Plan) brachten auch die Stars des Abends, Maria Eichwald mit Marijn Rademaker und Iana Salenko mit Dinu Tamazlacaru, per „Romeo und Julia“ sowie Balanchines „Tarantella“ viel Gefühl und Flirt mit. Alexander Stoyanov (der mit Salenko auch sprungkräftig im Diana-Actaeon-Pas-de-Deux aus „Esmeralda“ aufrumpfte!) schlängelte seinen Traumkörper durch ein Stück von Marin Marais. Ein Geschenk. Wann hörte man den großen Barockkomponisten zuletzt auf der großen Ballettbühne?
Wer sich die Gala sparte, sparte jedenfalls falsch. „10 Jahre Tanzolymp“ war eine der interessantesten, vielfältigsten Abende, die es in München in den letzten Jahren gab.
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