Kaum ein Laut dringt durch den langgezogenen Raum, während das Publikum andächtig die Tänzer der Trisha Brown Company begleitet. Menschentrauben bilden sich an den verschiedenen Aktionspunkten und lösen sich wieder auf, verschieben sich in Richtung der tanzenden Körper, schaffen Sichtachsen. Eine große Bewegung pulst durch den Raum, mitten unter ihr die weiß gekleideten Tänzer.
Über ihnen schwebt eine von Dan Flavin 1994 für den Kunstbau entwickelte Lichtinstallation, mit der die „Early Works“ der Judson Church Dance Theater-Mitbegründerin immer wieder zu brechen scheinen. Die aneinandergereihten Neonröhren, die sich als vier parallele Linien in blau, pink, gelb und orange an der Decke entlangziehen und ein schwaches Licht auf die Anzüge der Tänzer werfen, werden durch die Raumwege der Choreografien immer wieder gekreuzt. Von einer Wand zur anderen wandern die Bewegungen, bespielen die nackten Betonsäulen, berühren sanft den Boden des Ausstellungsraums.
Schlüsselwerke des Postmodern Dance treffen auf die Arbeit eines Künstlers der zeitgleich entstandenen Minimal Art, und das erneute Aufeinanderprallen dieser New Yorker Avantgarden – erdacht von JointAdventures-Chef Walter Heun und dem Direktor des Lenbachhauses Matthias Mühling - funktioniert. Die beiden Arbeiten lassen die Performance zu einem heiter-entspannten Blick durchs Kaleidoskop werden.
Bewegungsfacette fügt sich an Bewegungsfacette, zu einer neuen gesellt sich eine bereits gesehene. Wie ein Kippbild drehen sich die „Early Works“ stetig weiter, wiederholen sich in ihren verschiedenen Teilen selbst und schaffen unaufhörlich neue choreografische Miniaturen. So entsteht aus dem schlichten, von Alltagsbewegungen inspirierten Tanzvokabular aus Trisha Browns Stücken eine spielerische Vielfalt, die sich über eine Stunde lang in der nüchternen Architektur des Kunstbaus ausbreitet.
Zu Fäusten geballte Hände strecken sich sachte nach vorne, der Daumen zeigt mal hoch, mal nach rechts oder links, während sich die Arme vor dem Oberkörper auf und ab bewegen. Dann kippt das Knie im rechten Winkel zur Seite. Die klar definierten Bewegungen von „Accumulation“ werden in Zwischenraum der Säulen getanzt, bevor sich das Geschehen um einige Meter verschiebt, sich die Tänzer ihre Unterarme umklammernd diagonal in den Raum neigen oder locker ihre Beine über den Boden schleifen bis die Bewegungsfolgen in kurzen Gruppenbildern kulminieren.
Ein kurzes Lächeln huscht über die Gesichter der Tänzer, und mit einer Kopfwendung haben sie schon eine neue Raumrichtung eingeschlagen, sich eine neue „task“ gewählt. Mit einer Holzlatte auf dem Kopf senken sich ihre Körper langsam ab, die Knie stützen sich auf den Boden, das Bein holt aus und balanciert die Latte. „Done“ tönt es durch den Raum, die Aufgabe wurde erfüllt.
Nur eine steht noch aus. In einer lockeren Reihe platziert, fangen die Füße der Tänzer an auf dem Platz zu marschieren, ihre Körper schmiegen sich aneinander. Mit dem „Spanish Dance“ lösen sie sich aus der konzentrierten Stimmung – einer an den anderen gepappt, im wiegenden Gleichschritt – und scheinen auszubrechen zu den Mundharmonikaklängen des jungen Bob Dylan.
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