"BORDA"

Ein Gastspiel von LIA RODRIGUES in der Muffathalle in München

Wie können wir von einer Realität ausgehen, die von sichtbaren und unsichtbaren Linien durchzogen ist, die die Grenzen zwischen Angst und Hoffnung, zwischen Lärm und Stille, Flut und Feuer markieren? Wie können wir das Land unserer Visionen, Sehnsüchte, Erinnerungen und Zukünfte mitnehmen?

München, 07/03/2025

Lia Rodrigues zählt zu den wichtigsten künstlerischen Stimmen Brasiliens und der Tanzwelt im Allgemeinen, zeigt sie doch stets in ihren Stücken den harten und existenzialistischen Kampf des menschlichen Zusammenseins. Emotional bewegend und extrem physisch mit einer zugleich eindrücklichen und vielschichtigen Bildsprache reflektiert sie klug globale Themen wie den Umgang des Menschen mit der Natur, dem Klimawandel, dem Menschen an sich als soziales und gleichzeitig asoziales Wesen und hinterfragt dabei unsere Möglichkeiten zur Wiederherstellung der Harmonie. 

Seit nun schon über zehn Jahren begleitet das Muffatwerk ihre choreographische Arbeit und freut sich auch ihr neuerstes Werk BORDA zu koproduzieren und im Juni die Bühne zu geben. In BORDA, das im Mai auf dem Kunstenfestivaldesarts in Brüssel Premiere feiern wird, beschäftigt sie sich mit dem, was uns trennt im geografischen und auch politischen Sinne. So steht das Wort „borda“ im Portugiesischen für Grenze, Saum, Rand, Barriere oder Schwelle und setzt sich dementsprechend mit Fragen über diese auseinander: Wer darf sie überschreiten? Wer bleibt? Wer wird ausgesperrt? Wer gehört dazu und wer nicht? Wer hat das Recht zu existieren? Wie können wir das Land unserer Visionen, Sehnsüchte, Erinnerungen und Zukünfte mitnehmen?

 

Künstlerische Leitung und Konzept: Lia Rodrigues                                                                                                                                       

Getanzt von und gestaltet in enger Zusammenarbeit mit Leonardo Nunes, Valentina Fittipaldi, Andrey da Silva, Larissa Lima, David Abreu, Raquel Alexandre, Daline Ribeiro, Sanguessuga, Cayo Almeida, Vitor de Abreu 

Choreographische Assistenz: Amalia Lima

Dramaturgie: Silvia Soter

Künstlerische Zusammenarbeit und Bilder: Sammi Landweer

Lichtdesign: Nicolas Boudier

Stagemanagement: Magali Foubert und Baptistine Méral 

Musik: tba

Internationales Booking: Colette de Turville

Produktionskoordination: Astrid Toledo 

Produktion und Booking Brasilien: Gabi Gonçalves I Corpo Rastreado

Administration: Gloria Laureano

Lehrer: Amalia Lima, Leonardo Nunes, Valentina Fittipaldi, Andrey Silva

 

Datum: Montag, 16. Juni und Dienstag, 17. Juni 2025

Kassen- und Cafeöffnung: 19.30 Uhr

Beginn: 20.30 Uhr

Ort: Muffathalle

VVK 24 € I erm. 15 € zzgl. Gebühren / AK 28 € I erm. 15 €

 

Gedankengänge zu BORDA

BORDA ist das neue Stück der Lia Rodrigues Companhia de Danças, das im Centro de Artes da Maré, Rio de Janeiro, Brasilien, entstanden ist.

Im Portugiesischen leitet sich das Wort "borda" von dem Verb "bordar", sticken, ab, was so viel bedeutet wie bereichern, schmücken, aufwerten oder ausarbeiten. Es steht neben den anderen Bedeutungen dieses Wortes für Grenze, Saum, Begrenzung, Rand, Limitierung, Schwelle oder Barriere. Das, was trennt also.

Es gibt geografische und politische Grenzen, manchmal dargestellt durch Mauern, Stacheldraht, Hecken, Kontrollpunkte oder Tore. Manchmal setzen diese eine Hierarchie voraus, manchmal schaffen diese Gegensätze wie Gastfreundschaft und Feindseligkeit, Freiheit und Herrschaft, das, was als heimisch und das, was als fremd, minderwertig und überlegen gilt. Es ist die Heimat des Andersseins. Es kann ein Zwischenraum sein, für niemanden und für alle, für die, die ankommen, die gehen und die, die bleiben. Hier und dort, der Anfang und das Ende, irgendwo und nirgendwo. Grenzen können Gruppen und Völker, Menschen und Nicht-Menschen unterscheiden. 

Wer darf sie überschreiten? Wer bleibt? Wer wird ausgesperrt? Wer gehört dazu und wer nicht? Wer hat das Recht zu existieren? 

Territorien können auch durch nomadische Bewegungen und eine Mischung aus physischen und symbolischen Elementen abgegrenzt werden: spezifische kulturelle Identitäten, Gerüche, Geräusche, Sprache, Rituale, unterschiedliche Überlebensstrategien und -kenntnisse, Bewirtschaftungsweisen von Wäldern und Pflanzen.

Im übertragenen Sinne kann das Wort "borda" auch bedeuten, sich etwas vorzustellen, zu phantasieren. Die Vorstellungskraft verstärkt die Träume, die Fabeln, die Fata Morgana, die Schöpfung und gibt uns die Möglichkeit, Grenzen zu überschreiten und zu überwinden. 

Wie können wir von einer Realität ausgehen, die von sichtbaren und unsichtbaren Linien durchzogen ist, die die Grenzen zwischen Angst und Hoffnung, zwischen Lärm und Stille, Flut und Feuer markieren? Wie können wir das Land unserer Visionen, Sehnsüchte, Erinnerungen und Zukünfte mitnehmen? Vielleicht, indem wir geduldig und mühsam einen porösen Ort der fließenden Alterität zusammenweben, eine Stickerei, in der sich die Ränder bewegen, schweben und tanzen.

 

Lia Rodrigues wurde 1956 in São Paulo geboren, wo sie eine Ausbildung in klassischem Ballett absolvierte und Geschichte an der Universität von São Paulo studierte. Nachdem sie in den 1970er-Jahren an der zeitgenössischen Tanzbewegung in São Paulo teilgenommen hatte, schloss sie sich zwischen 1980 und 1982 der Compagnie Maguy Marin (Frankreich) an, wo sie an der Kreation von „May b.“ mitwirkte. 1990 kehrte sie nach Brasilien zurück und gründete die Lia Rodrigues Companhia de Danças in Rio de Janeiro. Im Jahr 1992 rief sie das Tanzfestival Panorama ins Leben, das sie bis 2005 leitete. Seit 2004 entwickelt sie in Zusammenarbeit mit der NGO Redes da Maré künstlerische und pädagogische Projekte in der Favela Maré in Rio de Janeiro. Im Jahr 2009 gründeten sie das Maré Art Center und 2011 die freie Tanzschule Maré. 2005 erhielt sie von der französischen Regierung den Orden Chevalier de l'Ordre des Arts et des Lettres, 2014 den Preis der Prinz-Claus-Stiftung der Niederlande und 2016 den Choreografiepreis der SACD (Frankreich). Lia Rodrigues ist assoziierte Künstlerin am Théâtre National de Chaillot und dem Théâtre LE CENQUATRE in Paris.

 

Eine Koproduktion von Le Kunstenfestivaldesarts, Brüssel I Maison de la danse, Lyon I Pôle européen de création mit Unterstützung der Biennale de la danse 2025, Chaillot I Théâtre National de la Danse, Paris,  Le CENTQUATRE, Paris, Festival d'Automne à Paris, Wiener Festwochen, Festival La Batie I Comédie de Genève, Genf, Roma Europa, Rom, PACT Zollverein, Essen, One Dance Festival, Plowdiw, Theater Freiburg, Muffatwerk München und Lia Rodrigues Companhia de Danças mit der Unterstützung von Redes da Maré und Centro de Artes da Maré

Lia Rodrigues ist eine assoziierter Künstlerin des CENTQUATRE, Paris, Maison de la Danse in Lyon, Pôle européen de création und der Biennale de la danse de Lyon, Frankreich.

 

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