Laura Meißauer, Organisatorin von TanzHochX
Laura Meißauer, Organisatorin von TanzHochX

Vom Flügelschlag bis zum Drama

TanzhochX im Netz

Die Alte Mälzerei in Regensburg ermöglicht Talenten der bayerischen Tanzszene erstmals Online-Auftritt des regionalen Formats.

Regensburg, 26/04/2021
In Andersens Märchen "Die roten Schuhe" machen sich die Schuhe eines Mädchens selbstständig und tanzen mit ihm fort. Vielleicht sehnen sich manche Tänzer*innen, vor allem der freien Szene, heute manchmal nach einem solchen Schuhpaar, mit dem sie nach Monaten der erzwungenen Untätigkeit wieder ihrer Leidenschaft und Profession nachgehen könnten.

Einen Augenblick der Erfüllung solcher Träume erlebten vergangenes Wochenende sechs Tänzer und Tänzerinnen aus Bayern. Nach der Vorstellung eigener und selbst getanzter Choreografien im Livestream aus der Alten Mälzerei klatschten sie sich eigenhändig begeistert Beifall – und keineswegs nur weil vor Ort echte Zuschauende fehlten. Von denen saßen zeitweise bis zu 140 an ihren Laptops und Rechnern zu Hause und verfolgten den Tanzabend "TanzhochX". Dieser musste vergangenen Herbst abgesagt werden, wie so viele andere künstlerische Angebote. Laura Meißauer, Tänzerin und Organisatorin dieser Veranstaltungsreihe, nahm deshalb das Angebot des Mälze-Teams für einen Auftritt, der online übertragen wird, sofort freudig an. Sie trommelte noch einmal bei den für Herbst vorgesehenen Teilnehmenden und konnte mit Sophia Ebenbichler aus Regensburg, Dominic Braunesreuther und Andrea Greul aus dem Nürnberger Raum, Ada Ramzew aus München und der Straubingerin Annette Vogel ein inhaltlich breit gefächertes Programm zusammenstellen.

Mit letzterer als Partnerin tanzte Meißauer die gemeinsam erarbeitete Choreografie "Davon geht die Welt nicht unter". Den zynischen Zarah-Leander-Schlager münzten sie um auf die drohende (Umwelt-)Zerstörung der Welt. Auf einem schmalen Kissen, bedruckt mit einem Weltatlas, surften und tanzten sie gedankenlos zu Walzer- und Heavy-Metal-Klängen, drängten sich darauf und kämpften darum. Mit Klemmbrett und Meterstab vermaßen sie die Welt, konnten aber, pendelnd zwischen Ironie, Verharmlosung und bitterem Ernst nur bedingt überzeugen.

Eine Spur zu plakativ geriet der jungen Regensburgerin Ebenbichler ihre parabelhafte Darstellung eines depressiven Zustands zwischen Antriebsschwäche, Fremdgelenktheit und Aufbruch. Zu Musik von Wim Mertens verknotete sie sich im Solo "Hau drauf" zwischen Couch, Boden und staksenden Tanzschritten. Wirkliche Spannung kam dabei nicht auf. Bei dieser Beobachtung ist allerdings unbedingt zu berücksichtigen, dass bei der Übertragung viel von der unmittelbar erlebbaren Liveatmosphäre auf der Strecke bleibt.

Durchweg spannend geriet die tänzerische Darstellung von Ada Ramzew in ihren zwei knackigen Choreografien "Schachmatt" und "Alfonsina", bei der sie im Abendkleid zur Musik der wunderbaren Mercedes Sosa mit fließenden Bewegungen und Flügelschlägen mit den Armen Gefühle von Freiheit, Zärtlichkeit und Weite triggerte.

Tempo brachte das Duett von Andrea Greul und Dominic Braunesreuther mit dem Beziehungsdrama "Critical Mind" zur Musik von Sisha – "Need U Badly" – gegen Ende der technisch gelungenen Liveübertragung auf. Ein gelungener Abend.

Abrufbar über den youtube-Kanal der Alten Mälzerei Regensburg.

Kommentare

Noch keine Beiträge