München, 29/04/2019
Bei der 6. Edition der Tanzbiennale kam es zu einer Verschiebung um ein Jahr und es fiel nunmehr auf eine gerade Zahl. Was waren die Gründe? Noch immer war das Festival kein fester Posten im städtischen Haushalt, sodass die finanzielle Zukunft nicht als gesichert gelten konnte. Hoffnungen setzte man auf den neuen Kulturreferenten Julia Nida-Rümelin. Als Mitveranstalter wurde der Verein Spielmotor e. V. gewonnen. Nachdem Hortensia Völckers ihre neue Aufgabe als persönliche Referentin der documenta X–Chefin Catherine David 1995 angetreten hatte, übernahm Cornelia Albrecht die künstlerische Leitung des Tanzfestivals. Seit ihren Anfängen in der legendären Alabama-Halle auf dem ehemaligen Militärgelände am Hart ist sie mit der nationalen und internationalen Tanzszene bestens vertraut.
Das Schwerpunktthema galt jüdischen Choreographen und Choreographinnen aus der ganzen Welt. Ein spezieller Fokus richtete sich auf aktuelle Tanztendenzen in Israel. Das 50-jährige Staatsgründungsjubiläum gab den Anlass für eine umfassende Präsentation von Tanz und Theater nicht nur in München, sondern auch in anderen Städten Deutschlands. Für Cornelia Albrecht stellte sich die zentrale Frage: „Wie gehen wir hier in Deutschland in unserer heutigen Situation mit fremden Kulturen um? Welcher Art ist unser Blick auf die jüdische Kultur? („Eine homogene jüdische Kultur gibt es nicht“, Cornelia Albrecht im Gespräch mit Katja Schneider, Tanzdrama 3/1998). Die traditionsreiche Kibbutz Contemporary Dance Company aus Israel machte den Auftakt mit der Choreografie „Aide Mémoire“ (1995), einem Stück von Rami Be’er, worin er der Frage nachgeht, wie „die Erinnerung an das Trauma Shoa unser heutiges Leben bestimmt“. Die französische Choreographin Karine Saporta vom Centre Chorégraphique National de Caen entwarf mit „Les Trottoirs de Leïla“ ein urbanes Märchen. Ihre Zusammenarbeit mit Peter Greenaway für „Prospero’s Books“ wurde in einer Fotoausstellung im Institut Français de Munich dokumentiert inklusive einer Vorführung des Films. Starkes physisches Tanztheater präsentierte der seit 1991 in Holland lebende Choreograph Itzik Galili mit seinem Beziehungsdrama „The Familiar Stranger“. Als Protagonisten der neuen Szene Israels angekündigt war die Gruppe Al-Kuds, was die Heilige bedeutet und die arabische Bezeichnung für Jerusalem ist. In ihrem Stück „Polipopipop“ nahmen der Choreograph Emanuel Gat und der Komponist Mariano Weinstein mit ihrer schrill-sarkastischen Satire die aktuelle politische Situation vor Ort auseinander. Inbal Pinto, eine weitere Vertreterin der jungen Tanzszene Israels zeigte „Wrapped“, getanzt von ihrer gleichnamigen Gruppe.
In der Muffathalle folgte die Uraufführung von „Magic Frequencies“ der amerikanischen Stimmkünstlerin, Komponistin und Performerin Meredith Monk. Sie war auch Gast beim Choreographen-Brunch in der Muffathalle, der alle KünstlerInnen zu einem Gedankenaustausch unter dem Motto „Anmut und Wahrnehmung: ist alles nur Projektion?“ einlud. Aus Kanada kamen Suzanne Miller und Allan Paivo mit „Blood Relative (I wish you long life)“, einem „kaleidoskopischen Spiegeltanz“ – ein Effekt, wie ihn auch Alwin Nikolais in „Crucible“ als Vexierspiel einsetzte, zu sehen bei DANCE 1987. Eine zeitgenössische Interpretation des argentinischen Tangos sah man in „Cenizas de Tango/El Escote“ der Choreographin Roxana Grinstein. Im Staatstheater am Gärtnerplatz schließlich das Weltklasse-Ensemble Batsheva Dance Company, seit 1990 unter der Leitung von Ohad Naharin. Der für seine explosiv sinnlichen Produktionen gefeierte Choreograph zeigte das Stück „Mabul“ (1992) an drei Abenden. In Israel hatte er mit der geplanten Aufführung seines Signaturwerks „Echad Mi Jodea“ (1990) anlässlich der offiziellen Feierlichkeiten zur Staatsgründung für einen Eklat gesorgt. Nach Auffassung ultra-religiöser Kreise waren die Tänzer und Tänzerinnen zu leicht bekleidet. (Naharin ging auf die Forderung nach dezenterer Kleidung ein bei gleichzeitiger Ankündigung seines Rücktritts, woraufhin die Kompanie in den Streik trat). Das Stück wurde nicht aufgeführt.
DANCE 98, 6. Internationales Festival des zeitgenössischen Tanzes
Veranstalter: Kulturreferat des LH München, Fachbereich Musik, Theater, Tanz, Leitung: Brigitte von Welser
Mitveranstalter: Spielmotor München e. V.
Festivalpartner: Bayerisches Staatsballett, Bayrisches Staatsschauspiel/Marstall, Institut Francais de Munich, Muffathalle, Gasteig, Münchner Stadtbibliothek, Siemens Kulturprogramm, AFAA u.v.a.
Künstlerische Leitung und Organisation: Cornelia Albrecht
Aufführungsorte: Gasteig, Muffathalle, Staatstheater am Gärtnerplatz, Tanztendenz München, Bayerisches Staatsschauspiel/Marstall, NT: Neues Theater München
Zeitraum: 14. bis 31. Oktober 1998
Begleitprogramm: „Karine Saporta – l’interdit“, Fotoausstellung im Institut Français de Munich; „Lecture-Lounge“ mit Vorträgen von Gaby Aldor, Linda Rabin sowie Live-Demonstrationen von Amos Hetz, Risa Jaroslow, Alan Schacher in der Blackbox/Gasteig; Film- und Videomatineen im Filmmuseum; Studio Performances in Schloss Elmau bei Garmisch; Workshops in der Tanztendenz München e.V. mit Linda Rabin und Karine Saporta
Das Schwerpunktthema galt jüdischen Choreographen und Choreographinnen aus der ganzen Welt. Ein spezieller Fokus richtete sich auf aktuelle Tanztendenzen in Israel. Das 50-jährige Staatsgründungsjubiläum gab den Anlass für eine umfassende Präsentation von Tanz und Theater nicht nur in München, sondern auch in anderen Städten Deutschlands. Für Cornelia Albrecht stellte sich die zentrale Frage: „Wie gehen wir hier in Deutschland in unserer heutigen Situation mit fremden Kulturen um? Welcher Art ist unser Blick auf die jüdische Kultur? („Eine homogene jüdische Kultur gibt es nicht“, Cornelia Albrecht im Gespräch mit Katja Schneider, Tanzdrama 3/1998). Die traditionsreiche Kibbutz Contemporary Dance Company aus Israel machte den Auftakt mit der Choreografie „Aide Mémoire“ (1995), einem Stück von Rami Be’er, worin er der Frage nachgeht, wie „die Erinnerung an das Trauma Shoa unser heutiges Leben bestimmt“. Die französische Choreographin Karine Saporta vom Centre Chorégraphique National de Caen entwarf mit „Les Trottoirs de Leïla“ ein urbanes Märchen. Ihre Zusammenarbeit mit Peter Greenaway für „Prospero’s Books“ wurde in einer Fotoausstellung im Institut Français de Munich dokumentiert inklusive einer Vorführung des Films. Starkes physisches Tanztheater präsentierte der seit 1991 in Holland lebende Choreograph Itzik Galili mit seinem Beziehungsdrama „The Familiar Stranger“. Als Protagonisten der neuen Szene Israels angekündigt war die Gruppe Al-Kuds, was die Heilige bedeutet und die arabische Bezeichnung für Jerusalem ist. In ihrem Stück „Polipopipop“ nahmen der Choreograph Emanuel Gat und der Komponist Mariano Weinstein mit ihrer schrill-sarkastischen Satire die aktuelle politische Situation vor Ort auseinander. Inbal Pinto, eine weitere Vertreterin der jungen Tanzszene Israels zeigte „Wrapped“, getanzt von ihrer gleichnamigen Gruppe.
In der Muffathalle folgte die Uraufführung von „Magic Frequencies“ der amerikanischen Stimmkünstlerin, Komponistin und Performerin Meredith Monk. Sie war auch Gast beim Choreographen-Brunch in der Muffathalle, der alle KünstlerInnen zu einem Gedankenaustausch unter dem Motto „Anmut und Wahrnehmung: ist alles nur Projektion?“ einlud. Aus Kanada kamen Suzanne Miller und Allan Paivo mit „Blood Relative (I wish you long life)“, einem „kaleidoskopischen Spiegeltanz“ – ein Effekt, wie ihn auch Alwin Nikolais in „Crucible“ als Vexierspiel einsetzte, zu sehen bei DANCE 1987. Eine zeitgenössische Interpretation des argentinischen Tangos sah man in „Cenizas de Tango/El Escote“ der Choreographin Roxana Grinstein. Im Staatstheater am Gärtnerplatz schließlich das Weltklasse-Ensemble Batsheva Dance Company, seit 1990 unter der Leitung von Ohad Naharin. Der für seine explosiv sinnlichen Produktionen gefeierte Choreograph zeigte das Stück „Mabul“ (1992) an drei Abenden. In Israel hatte er mit der geplanten Aufführung seines Signaturwerks „Echad Mi Jodea“ (1990) anlässlich der offiziellen Feierlichkeiten zur Staatsgründung für einen Eklat gesorgt. Nach Auffassung ultra-religiöser Kreise waren die Tänzer und Tänzerinnen zu leicht bekleidet. (Naharin ging auf die Forderung nach dezenterer Kleidung ein bei gleichzeitiger Ankündigung seines Rücktritts, woraufhin die Kompanie in den Streik trat). Das Stück wurde nicht aufgeführt.
DANCE 98, 6. Internationales Festival des zeitgenössischen Tanzes
Veranstalter: Kulturreferat des LH München, Fachbereich Musik, Theater, Tanz, Leitung: Brigitte von Welser
Mitveranstalter: Spielmotor München e. V.
Festivalpartner: Bayerisches Staatsballett, Bayrisches Staatsschauspiel/Marstall, Institut Francais de Munich, Muffathalle, Gasteig, Münchner Stadtbibliothek, Siemens Kulturprogramm, AFAA u.v.a.
Künstlerische Leitung und Organisation: Cornelia Albrecht
Aufführungsorte: Gasteig, Muffathalle, Staatstheater am Gärtnerplatz, Tanztendenz München, Bayerisches Staatsschauspiel/Marstall, NT: Neues Theater München
Zeitraum: 14. bis 31. Oktober 1998
Begleitprogramm: „Karine Saporta – l’interdit“, Fotoausstellung im Institut Français de Munich; „Lecture-Lounge“ mit Vorträgen von Gaby Aldor, Linda Rabin sowie Live-Demonstrationen von Amos Hetz, Risa Jaroslow, Alan Schacher in der Blackbox/Gasteig; Film- und Videomatineen im Filmmuseum; Studio Performances in Schloss Elmau bei Garmisch; Workshops in der Tanztendenz München e.V. mit Linda Rabin und Karine Saporta
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