Jin Lee in HUABUN
Jin Lee in HUABUN

Über die Schwierigkeit, Wurzeln zu schlagen

Die Solotanzperformance HUABUN im HochX in München

Die Uraufführung von ZINADA entwickelt sich poetischer und atmosphärisch dichter als dies das Fachbuch „Die Intelligenz der Pflanzen“ des Forschers Stefano Mancuso, das dem recherchierten Bewegungsmaterial zugrunde liegt, zunächst vermuten lässt.

München, 01/04/2023
Jin Lee ist eine faszinierende Tanzperformerin. Seit sie 2019 ihr Studium an der Experimental Academy of Dance in Salzburg mit Bestnote abschloss, trifft man in Münchens freier Szene immer wieder auf die zartgliedrige Südkoreanerin. Man darf sie fast schon als Garant für tänzerisch sehenswerte Produktionen halten. Da scheint es nur konsequent, dass sie nun erstmals das choreografische Heft selbst in die Hand nimmt.

Gemeinsam mit ihrem Landsmann Jihun Choi hat sie das Duo „Zinada“ begründet und die bei der Stadt für das Debütprojekt „Habuan“ (übersetzt „Topfpflanze“) beantragte Förderung erhalten. Gut gemacht, denn die 40-minütige Uraufführung, die Lee solistisch bestreitet, entwickelt sich in drei knappen Kapiteln wesentlich poetischer und atmosphärisch dichter als dies das Fachbuch „Die Intelligenz der Pflanzen“ des Forschers Stefano Mancuso, das dem recherchierten Bewegungsmaterial zugrunde liegt, zunächst vermuten lässt.
Anfangs kauert Lee wie zusammengefaltet im Schummerlicht. Akustisch weht eine windig-säuselnde Geräuschkulisse über ihren Rücken hinweg. Bald schaffen es jedoch ihre sich langsam wie eine Knospe öffnenden Glieder und minimalistische Zuckungen des Kopfes, die sich bald auch im Rest ihres Körpers fortsetzen, einen Zeitraffereffekt hervorzurufen – ganz so als wäre man Zeuge einer Szene aus David Attenboroughs Doku „Das geheime Leben der Pflanzen“. Die im heimeligen Ambiente einer Studentenbude verortete Choreografie hat dann aber noch mehr zu bieten.

Wie in „Habuan“ versucht wird, ein pflanzliches und ein menschliches Sein miteinander zu verflechten, gipfelt in bewegtem Exkurs über die Schwierigkeit, einfach irgendwo Wurzeln zu fassen oder sich schlicht in den sogenannten eigenen vier Wänden angstfrei wohl bzw. bei sich selbst zu fühlen – trotz alltäglicher Bequemlichkeiten wie einer (live) frisch aufgebrühten Tasse Tee.

Auch in gedehnten Momenten der Leere, in denen die gesamte Wirkung allein auf dem möblierten Raum ruht, werden Anpassung, Urvertrauen und der Umgang mit Herkunft und Erinnerung sinnlich und dabei auf schlicht eindrückliche Art und Weise hinterfragt. Dazwischen bearbeitet Lee den Boden mit ihren Händen, tanzt zu angenehm softer Musik (Benny Omerzell) und sucht Erdung durch den Wechsel ihrer Klamotten. Was am Ende übrig bleibt, ist eine zart versonnen singende Stimme.

Noch bis 1.4., jeweils 20 Uhr, im HochX (Entenbachstraße 37, München)

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