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Regensburg
MEDITATIVES GLEITEN IM LICHTHOF
"Rivers 3" in Regensburg entstand aus eigener Motivation
Fast bewegungslos, wie Elektronen auf der inneren Hülle eines Atoms, verharrten die Tanzenden auf ihrer jeweiligen Position im lichtdurchfluteten Innenhof des Parkside-Hauses. In dieser meditativen Spannung kippte plötzlich ein Tänzer aus seiner aufrechten Haltung und sprintete im Fallen aus dem imaginären Kreis in eine andere, weiter außen angesiedelte Hülle. Damit löste er eine Kettenreaktion aus. Einer nach dem anderen sprang ebenfalls aus der – beinahe – ruhenden in eine neue Position, auf einen neuen Platz im Raum, bis sich das Viererballett wieder in einer relativ stabilen Ordnung befand.
Als ein weiterer Bezugspunkt in dieser Tanzperformance im ehemaligen Regensburger OBAG-Gebäude am Stadtpark stand die auf Naturmaterialien spezialisierte Künstlerin Pauline Adler mit einem Bündel Weidenruten am Rand des Lichthofs. Stängel für Stängel griff sie sich und flocht in konzentrierter Ruhe große, ineinander verhakte Ringe zu einem dreidimensionalen Geflecht. „Stones, Flows and Trees“ hat die Choreografin Alexandra Karabelas diese Performance überschrieben, die sie im Rahmen von RIVERS, dem Choreographers in Residence-Program in Regensburg (CiRR), mit TänzerInnen aus Prag und Dresden entwickelt hat. Anders als üblich bekamen diese weder eine stringente Story, noch Bewegungsabläufe, um danach eine Choreografie einzustudieren. Vielmehr agierten sie vollkommen eigenständig und aus eigener, innerer Motivation nach einer Reihe bildhafter Gebote und Leitideen, die sie von Karabelas bekommen hatten. „Allow yourself to be shifted“, erlaube dir selbst dich zu bewegen, lautete ein solches Gebot oder auch: „Find to one‘s movement and share it“, finde zu einer Bewegung und teile sie (mit den anderen). Exakt das fand sich dann auch in dem kommunikativen Spannungsfeld aus Ruhe und Dynamik, welches die Tanzenden nach und nach im Raum aufbauten. Immer wieder durchbrachen sie die sich entwickelnde Harmonie und warme Balance, bevor sich ein kollektives Schütteln der Körper zu einer erstarrten Form verfestigen konnte. Überwiegend war es ein ruhiges Dahingleiten, ein sukzessives Ausdehnen im Raum, unerwartet von springlebendigen Tanzfiguren und Sprüngen beflügelt.
Mehr als die wenigen ZuschauerInnen, die eigens gekommen waren, klebten Mitarbeitende aus Büros und Kanzleien an den Glasfronten und Fensterscheiben der höherliegenden Stockwerke. Sie schauten sich das seltene Schauspiel von oben an. Ein surreales Moment bekam die Szenerie durch einen jungen Mann. Dieser fotografierte mit seinem Handy einen Wartungstechniker, der während der Tanzperformance ungerührt den stillstehenden Aufzug reparierte. Auch Geschäftsleute, die an den TänzerInnen vorbei den Raum durcheilten, schienen das Geschehen überhaupt nicht zu bemerken. Jedenfalls schenkten sie den künstlerischen AkteurInnen keinen Blick. Hätten sie mal tun sollen. Vielleicht hätten sie bemerkt, wie sich Menschen im Tanz begegnen, öffnen, aufeinander eingehen und einlassen; als Nachbarn und Mitmenschen.
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