HOMEPAGE
schwere reiter, München
"HURRA!" - EINE PREMIERE DES MÜNCHNER CHOREOGRAPHEN MORITZ OSTRUSCHNJAK
13. – 15. September 2018, 20:30 – schwere reiter
Hurra: Seit dem 18. Jhd. als Schlachtruf gebräuchlich. Wohl von mhd. hurrā (Imperativ von hurren: sich schnell bewegen). Heute vor allem ein Freundenruf.
Mit dem Schlachtruf Hurra stürzte sich 1914 eine ganze Generation in den ersten industriellen Krieg
der Geschichte. Begleitet von fiebrigen Zukunftsversionen, Technikeuphorie, Geschwindigkeitsrausch,
dem Brüllen der Maschinen und Tosen der Städte verschrieb sich Europa dem Glauben an die
reinigende Kraft der Gewalt, die eine neue, vitale, heroische Moderne hervorbringen sollte. Dieses
ekstatische Gemeinschaftserlebnis einer technisierten und sich rasant wandelnden Gesellschaft dient
Moritz Ostruschnjak als Folie einer choreografischen Befragung des Phänomens der kollektiven
Gewalt. Im Zentrum steht dabei die Frage nach dem Übergang: Was verschmilzt Individuen zu
Gemeinschaften von Gewalttätern? Wann und wie kippt die Situation?
In „HURRA!“ setzt Moritz Ostruschnjak Krieg und Tanz zueinander in Beziehung und begreift den
Körper und seine Zurichtung als Manifestation von Zusammenhalt. Gewalt und Gemeinschaft sind
beide nicht denkbar ohne die Materialität des Körpers. Der Körper ist es, dem Gewalt zugefügt wird
und er ist es auch, der Gewalt ausübt. Ebenso ist der Gedanke des Kollektivs auf Körperlichkeit
angewiesen. Er wird repräsentiert durch die Gestaltung des Körpers – i.a. Uniformen, Fankleidung,
Bemalung – aber auch kreiert durch den Körper. Das gemeinsame „Im-Takt-bleiben“ als
Gleichzeitigkeit von Zeit, Raum und Körper – im Tanz und Ritual wie beim Marschieren – erschafft
Emotion und Ekstase, die Gemeinschaft durch die sinnliche Erfahrbarkeit erst konstituieren.
Ähnliche Funktion kommt der Musik bei „HURRA!“ zu. Anfeuernde und treibende Kraft einerseits, andererseits Klangsignatur einer ungewissen Zukunft. Der aus Philadelphia stammende Multikünstler
NAH konfrontiert experimentelle elektronische Musik, Elemente von Hip-Hop, Metall und Noise mit
harten Schlagzeug-Beats und schafft so live eine Klanglandschaft aus Euphorie und Chaos. Die schnell
und hart geschnittenen Videos von Moritz Stumm zielen auf visuelle Überforderung des Zuschauers.
Choreografisch arbeitet Ostruschnjak mit den Tänzer_innen an einer Bewegungsqualität, die fiebrige
Erregbarkeit, Impulsivität und ungezügelte Energie mit Rhythmisierung und Disziplinierung von
Körpern verbindet. Unisono-Bewegung schaffen Körperbündnisse, deren rauschhafter Charakter ins
Publikum überspringt. Es sind Ausnahmezustände, die „HURRA!“ auf die Bühne bringt und mit Live-
Sound und Video befeuert. Dem ekstatischen Ausbruch folgt dabei die Kapitulation des Körpers.
Ostruschnjak arbeitet mit unwillkürlichem, sich rhythmisch wiederholendem Zusammenziehen
einander entgegenwirkender Muskelgruppen. Die so entstehende extreme Bewegung verweist dabei
einerseits auf hypnotisch-rauschhafte Rituale und andererseits auf durch Gewalteinwirkung
verursachte Traumata wie das dem 1. WK zugeordnete Kriegstrauma „Shell Shock“, „Kriegszitterer“.
In seinen vorhergehenden Arbeiten „Text Neck“ und „BOIDS“ hat sich der Choreograf mit den
Veränderungen der körperlichen und sozialen Erlebnisfähigkeit in Zeiten der Digitalisierung und
Virtualisierung befasst. Hier schließt „HURRA!“ an und reflektiert mit dem Rückgriff auf den Beginn
des 20. Jahrhunderts die futuristischen Utopien einer totalen Technisierung und der aggressiven
Ablehnung von Tradition, die in Marinettis Ausruf vom „Krieg als Hygiene der Welt“ gipfelten und ein
blutiges, schnelles Jahrhundert einleuteten. Mit Blick auf die Schrecken der Vergangenheit, stellt
„HURRA!“ die Frage nach der Zukunft.
Premiere: 13. September 2018, 20:30
Weitere Vorstellungen: 14. und 15. September 2018, jeweils 20:30
schwere reiter, Dachauerstr. 114., www.schwerereiter.de
Tickets: 17,- / 10,- erm.
Reservierung: 089 / 721 10 15 oder reservierung@schwerereiter.de
Idee, Konzept: Moritz Ostruschnjak
Choreografie: Moritz Ostruschnjak in Zusammenarbeit mit Daniela Bendini und den Tänzer_innen
Tanz: Eli Cohen, Kristóf Várnagy, Nitsan Margaliot, Antoine Roux-Briffaud
Live-Musik: NAH
Video: Moritz Stumm
Lichtdesign: Tanja Rühl
Kostüm: Renate Ostruschnjak
Tontechnik: Paolo Mariangeli
Produktionsleitung: Hannah Melder
Pressearbeit: Simone Lutz PR
Eine Veranstaltung von Moritz Ostruschnjak. Gefördert durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München
und durch den BLZT, Bayerischer Landesverband für zeitgenössischen Tanz, aus Mitteln des Bayerischen
Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst. Realisiert durch eine Residency des
Theater Freiburg. Mit freundlicher Unterstützung durch Stage Axis. Moritz Ostruschnjak ist Mitglied des
Tanztendenz München e.V.
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