HOMEPAGE
München
ZUM DRITTEN MAL: DIE WELT ZU GAST IN MÜNCHEN
Munich International Ballet School Gala
Neun Schüler der Munich International Ballet School, die ihren Auszubildenden erfolgreich den Zugang an Staatliche Ballettakademien oder direkt in Engagements ebnet, eröffneten in „Live Love Play“ von Pedro Dias mit geschmeidigem Schwung diese Gala, die ihnen ermöglichte, professionelle Qualität in unmittelbarer Nähe zu sehen und zu fühlen. Auch Wettkämpfe motivieren, und so zeigte Sarah Dadonova vom Prager Tanz-Konservatorium, Goldmedaillen-Gewinnerin des Schüler-Wettbewerbs am Vortag, ihren modernen Beitrag „Shark“ von David Lampert mit überzeugender Präzision und Präsenz. Katharina Markowskaya und Maxim Cashchegorow, ehemalige Solisten des Bayerischen Staatsballetts, erfreuten mit Alexandr Gorskis „Bacchanalia“: In hohen Sprüngen, langen Hebungen und edler Linie, faunischer Lebensfreude und Hingabe bei hohem Selbstwertgefühl leuchtete zu Saint-Saëns Opernklängen humorvoll ihr orgiastisches Ziel auf. Dann tanzte der androgyne Thoriso Magongwa den „Sterbenden Schwan“ in einer neuen Choreografie von Mario Radacovsky mit langgliedriger Virilität. Zu „Last Touch“ von Zdenek Mladek brachte Lukás Slavický, bis 2015 Erster Solist am Staatsballett, jetzt Direktor des Südböhmischen Balletts, seine Tänzer Petronela Bogdana und Christoph Schaller, deren Duett in organisch fließender Schlichtheit erzählte, wie sich ein Paar findet und wieder verliert.
Mit gediegener neoklassischer Eleganz beeindruckten Aki Saito und Wim Vanlessen vom Royal Ballet of Flanders, denn sie tanzten in „Love Fear Loss“ von Ricardo Amarante in faszinierender Harmonie und in Ausdruck und Musikalität völlig stimmig. Dann tanzte Daria Sukhorukova, auch sie bis 2015 Erste Solistin am Staatsballett, mit Mateusz Sierant vom Großen Theater in Posen einen Ausschnitt aus Tomasz Kajdanskis „Anna Karenina“, der auch dank der Musik Rodion Schtschedrins das Glück in der Leidenschaft zu Graf Wronski, die Sehnsucht nach eigener Schönheit und die Ahnung des Umschwungs dramatisch hervortreten ließ.
Technisches Können war bei Maged Mohameds Auftragsarbeit für das Bayerische Jugendballett München gefragt, doch der in Mekka geborene Choreograf ist längst dafür bekannt, durch Musik und Beleuchtung seine Stücke auch sphärisch zu prägen. Für sein bezauberndes „Stimmenstrahl Trio“ hatte er geistliche Musik von Sergej Rachmaninow in elektronischer Bearbeitung von Jacopo Salvatori gewählt. Carollina de Souza Bastos, Justin Riemke und Florimon Poisson beeindruckten nicht nur mit hohen Beinen und Sprüngen, die sie auch in Arabesken wohlausbalanciert landeten, sondern auch durch Achtsamkeit, Feinfühligkeit und die Haltung der geistigen Spannung. In einem Pas de deux aus der aktuellen „Spartacus“-Inszenierung des BSB glänzte Ivy Amista nicht nur mit Fouettés und Jetés, sondern ihre Phrygia ging ganz auf in Sehnsucht nach dem Geliebten. Den tanzte Erik Murzagaliyev kraftvoll in intensiver Hinwendung zu ihr. Nach einem Moment erfüllter Begegnung zu romantischer Musik Aram Chtschaturjans war nahendes Unglück zu ahnen, sodass man in höchster darstellerischer Intensität ein Miniaturdrama sah. Dann erzeugten Natalia Kusch und Alexandr Trusch mit ihrem feinen Pas de deux aus dem 2. Akt von „Giselle“ trotz sonst leerer Bühne nach kurzer Zeit schon den Zauber, als sei man in einer vollständigen Aufführung dabei.
Den zweiten Teil eröffneten Ivy Amista und Erik Murzagaliyev wieder virtuos, doch dieses Mal heiter und kurz mit Assaf Messerers „Springwaters“. Auch virtuos, aber bloß auf Effekt war Marius Petipas „Esmeralda"-Pas de deux von Rosa Pierro und Rinaldo Venuti getanzt, ehe die Japanerin Aki Saito und ihr Partner Wim Vanlessen zum zweiten Mal künstlerisch überzeugten, jetzt mit „Fall“, von Sidi Larbi Cherkaoui zu Arvo Pärts Musik choreografiert. Ihr Pas de deux mit aus Counterbalancen spannend entwickelten skulpturalen Posen steigerte sich mit dem Potenzial zu höchster Dynamik, blieb aber kunstvoll verlangsamt, sodass ihr „Fall“ wirklich ein Herbst war. Im „Schwanensee“-Pas de deux aus dem 2. Akt verkörperte Daria Soukhorukova an der Seite von Mateusz Sierant sehr gediegen Odettes elegische Resignation. Beim Liebes-Pas de deux Medoras und Konrads aus Konstantin Sergeyews „Le Corsaire“-Rekonstrukton zeigte der Kubaner Alejandro Virelles mit hohen, samtweich gelandeten Sprüngen an der Seite der federleicht-anmutigen Natalia Kusch sein Star-Potenzial, das am Staatsballett so lange unter den Scheffel gestellt war. Dann trat Nikita Korotkov auf als glitzerndes, ja, was war das eigentlich für ein von vielen bejubeltes Wesen? Jedenfalls verstand sich der ehemalige Staatsballett-Tänzer in seinem „Ralph and Roses“ (Musik: Adriatique / Electric Youth) auch als Choreograf auf mutige Effekte und intensive Präsentation.
Der künstlerische Höhepunkt dieser Gala blieb Maria Eichwald vorbehalten, die nach ihren langjährigen Engagements in München und Stuttgart nun frei durch die Welt tourt und hier mit Alexandr Trusch, dem sensiblen und vielleicht am meisten beseelten Ersten Solisten des Hamburg Balletts, das „Adagietto“ aus John Neumeiers Choreografie der 3. Symphonie Gustav Mahlers tanzte. Welche musikalische Intensität, welche psychisch durchdrungene Dramaturgie, feinfühlig und dramatisch zugleich! Und welche Intensität, die der Mensch erreicht, wenn er so tanzt! Nach dieser anscheinend nicht alternden Ballerina und ihrem kongenialen Partner in Neumeiers nie veraltender Neoklassik wäre wohl jeder auf verlorenem Posten gewesen. Nicht aber Lucia Lacarra mit Marlon Dino! Was Kumiko Noshiro als umtriebige Netzwerkerin auf die Bühne ihrer Gala holte, würde jeder Kompanie zur Ehre gereichen, und stellvertretend für alle dankten ihr schon hier die charmanten Moderatoren Erich Payer und Armin Frauenschuh dafür.
Zuletzt also zu Lucia Lacarras und Marlon Dinos „Spiral Twist“, einem gut zehnminütigen Pas de deux aus „Spiral Pathes“, den beide mit Russell Maliphant im Jahr 2014 am Staatsballett kreierten: Er wirkte auch jetzt nicht wie ein „Final Zwist“, sondern das Paar bildete auf der Bühne eine geradezu verschmolzene Einheit. Tänzerisch in Bestform fand Lucia Lacarra aus jeder kreisenden Spirale mit optimalem Timing in die auch für das kenntnisreichste Interpretationsideal optimale Skulptur, aber zwischen ihr und dem starken Marlon Dino, der ihr jederzeit völlige Sicherheit gab, war die choreografisch angelegte Spannung noch stärker und deutlicher sichtbar als früher. Sie lief in atemberaubenden Hebefiguren als Augenschmaus wie im Zeitraffer vor den Augen der faszinierten Zuschauer ab.
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