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München
FIXE FÜßE
Konstanze-Vernon-Preis erstmals verliehen
Charismatisch, immer lernbereit, von sich und ihrem künstlerischen Umfeld absolute Perfektion fordernd: Konstanze Vernon, im Januar 2013 viel zu früh verstorben, hat die Münchner Ballettszene maßgeblich geprägt, als persönlichkeitsstarke Tänzerin, als Gründerin und Leiterin des Opern-unabhängigen Bayerischen Staatsballetts und als weitsichtig leitende Pädagogin der Ballettakademie. Und mit ihrem zweijährig vergebenen Konstanze-Vernon-Preis (dotiert mit 10 000 Euro) aus den Mitteln der von ihr gegründeten Heinz-Bosl-Stiftung wirkt sie immer noch fördernd hinein in die Ballettwelt.
Erstmals vergeben wurde der Preis jetzt im Münchner Nationalheater, im Anschluss an eine Staatsballett-Vorstellung von John Neumeiers „Ein Sommernachtstraum“, in dem die drei Nominierten besetzt waren: die Australierin Stephanie Hancox als Hofdame, die Japanerin Mai Kono als Helena und die Brasilianerin Ivy Amista in der Hippolyta/Titania-Doppelrolle.
Der Preis ging an Amista, seit dieser Saison Erste Solistin. Konstanze Vernons Bruder Wolfgang Herzfeld überreichte ihn. Brigitte von Welser, Gasteig-Chefin und Bosl-Stiftungsratsvorsitzende, darüber hinaus immer schon Tanz-begeistert und -kenntnisreich, hielt eine wohltuend knappe Laudatio: "Sie ist meist die Feurige, Witzige, Schnelle. Alle Partien, die fixe Füße brauchen, eine sichere Technik, die die Tänzerin selbst bei atemberaubenden Tempo noch zum Glitzern und Funkeln bringt – da genau finden Sie Ivy Amista auf der Besetzungsliste." Stimmt haargenau. Ihre sichere Spitze und ihre Mehrfach-Pirouetten prädestinieren Amista für die Neoklassik. Mit ihrem anmutigen Charme stehen ihr auch das barock-klassische „Dornröschen“, Neumeiers „Nussknacker“-Marie und komödiantische Partien wie die Lise in „Das schlecht behütete Mädchen“ und die Kitri in „Don Quixote“. Und man ist schon gespannt auf sie in dem Petipa-Ballett „Paquita“ von 1881, einer politisch verwickelten, aber feurigen Liebesgeschichte zwischen einer Zigeunerin aus Saragossa und einem französischen Offizier, die der Russe Alexej Ratmansky, zur Zeit der international gefragteste Choreograf, fürs Staatsballett wiederbelebt (Premiere 13. Dezember). Getanzt hat Amista auch schon das eher ernst-dramatische Fach, wie die Gamzatti und die Nikija in „La Bayadère“, wie gerade wieder Hippolyta/Titania. Aber in diese Gefühlskomplexität von Frauenfiguren zwischen Erwartung, Eifersucht, erotischer Verführung und weiblichem Selbstbewusstsein müsste sie noch hineinreifen. Amistas Wunschrollen, so Brigitte von Welser, seien „Kameliendame“ und die „Onegin“-Tatjana – der Traum ja aller Tänzerinnen. Aber, so bitter und auch ungerecht das ist: nicht jeder Körper- und Persönlichkeits-Typ eignet sich für jede Rolle. Lebenserfahrung hilft natürlich, und ein exzellenter Coach, der mit seinen Schützling Schritt und Geste bis ins seelische Detail erarbeitet. Wenn es den, wie in den russischen Elite- Ensembles, beim Bayerischen Staatsballett gibt, hat Amista eine Chance. Man wünscht es ihr.
Ein wenig befremdet hat dennoch – und das vor allem wegen der Preis-Bedingung – diese erste Vergabe des Preises. Er soll einer Tänzerpersönlichkeit zukommen „die entweder bereits internationales Ansehen genießt oder aber am Beginn einer herausragenden Karriere steht.“ Nominiert wurden von einer Staatsballett-lastigen Jury nur Mitglieder des Staatsballetts, zum einen. Darin hat allein Lucia Lacarra internationales Ansehen. Zum anderen sollte, streng genommen, die „oder“-Bedingung auf alle drei Tänzerinnen zutreffen, was man bezweifelt. Das ist kein negatives Urteil. Denn diese Wertungen durch Preise, wie auch durch Umfragen nach dem „besten Tänzer des Jahres“, sind im Tanz, anders als im Sport, völlig fehl am Platze. Jeder Tänzer, große Karriere oder nicht, ist in seiner Art einmalig - ist eine ganz besondere Farbe im Ensemble. Und zum Schluss: nehmen wir diese „Preis-Premiere“ als Hommage an die Stifterin Vernon, die die drei Ballerinen selbst noch ausgebildet hat.
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